Nah am Wasser

Ich habe mir gestern einen Co-Working-Space angesehen, der – traumhaft, in einem alten Kontorhaus in der Speicherstadt – direkt am Wasser liegt. In den Räumen pulsiert Handels- und Zollgeschichte. Hansestadt. Der Raum ist hell, mit Blick auf den Fleet.

Als ich anschließend bei Sonnenschein in Richtung Jungfernstieg durch die Straßen schlenderte und noch bei Lumas am Neuen Wall hängenblieb, realisierte ich, wie lange ich das nicht mehr gemacht habe. Mich treiben lassen. Einfach so unter Menschen sein. Schöne Dinge anschauen. Kunst, Mode, Architektur und schließlich die Alsterfontäne. Wasser.

Mein Leben an der Nordseeküste liegt hinter mir. Ich bin sehr dankbar für die Zeit. Und rückblickend stolz, dass ich diesen Schritt damals gewagt habe, aus einer Millionenstadt wie Köln mit viel Gepäck, Hund und der halben Familie in ein Dörfchen mit 1200 Einwohnern zu ziehen. Das ist jetzt ein schönes, aber auch abgeschlossenes Kapitel in meinem Leben. Nun bin ich wieder Gast dort oben im “Echten Norden”, vielleicht ein bisschen anders als andere Touristen ein bisschen mehr dazugehörig (schon durch die Freundschaften, die geblieben sind) – aber nie wieder ganz ein Wattenmeer-Mensch. Es war nicht mein erster, aber auch nicht mein letzter Umzug, der Weg aufs Land, in die reizvolle, aber doch eher reizarme Provinz mit dem vielen Grün, aber ohne Litfaßsäulen.

Das Ankommen an neuen Orten kann ich jetzt also. Nun ist es Zeit, wieder das Bleiben zu lernen. Nur wer bleibt, kann sich treiben lassen. Ich weiß, dass es circa zwei, drei Jahre dauert, bis ich neue Wurzeln geschlagen habe, die dann auch bei Sturm (“n’ büschen Wind”) wieder halten. Anderthalb Jahre lebe ich nun schon in Hamburg. Jetzt, wo die entfernteren Nachbarn anfangen zu grüßen, ich Ärzte und einen tollen Friseur gefunden habe, bin ich auf einem guten Weg, wie ich finde. Ich glaube, ich fange langsam an, zum Inventar meines Straßenzugs zu gehören. In den einsameren Momenten dazwischen tröstet mich mein Blick aus der Küche in den Garten. Im Teich lebt ein Entenpaar, knapp dahinter paddeln Kajaker in neonfarbenen Outfits auf einem alten Alsterarm vorbei. Alsterwanderweg. Privileg am Wasser.

Eigentlich hätte ich anders herum anfangen müssen zu erzählen. Bei Lumas wurde mir die Faszination wieder bewußt, die vor allem diese lakonisch-klassischen Motive, “Hopper’eske” Photorealismen, amerikanische Westküste in den Fünfzigern, für mich haben, hochästhetische Szenerien aus Architektur, Schatten und Blicken in blauestes Nass, dessen Frische man auch in Schwarzweiß noch spürt. Daraus keine Kunst zu machen, scheint mir im Grunde unmöglich.

Wie soll ich mich jetzt aber entscheiden, ob ich den Desk “nehme” oder nicht? Lasse ich mein Leben fließen? Es spricht vieles dafür…

Weiter
Weiter

Ihr Tor zur Welt? Kommunikation!